„Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn ich klingelte und er würde aufmachen. Mein eigener Großvater würde aufmachen, mitten in Berlin, 75 Jahre bevor ich hier stehe und klingle. Ich stelle mir vor, ich könnte ihm erzählen, was passieren wird. Und ihn dann davor bewahren.“
Deutschland 1933. Der junge Dirigent Walter hat in Rostock gerade sein erstes Engagement bekommen. Seine große Liebe, die Sopranistin Luise, will er so bald es geht zu sich holen. Hedwig, Walters Schwester, arbeitet unterdessen als Lehrerin in der Pfalz und denkt gar nicht daran, sich ernsthaft zu binden. Stattdessen pflegt sie die unterschiedlichsten Freundschaften – so auch zu dem Soldaten Armin, der ihrer Familie bald ein Dorn im Auge ist. Vier Leben, die sich kreuzen – und die sich auf folgenschwere Weise ineinander verflechten.
Etwa achtzig Jahre später beginnt eine junge Frau plötzlich, von ihrem Großvater zu träumen – einem Mann, den sie nie kennengelernt hat und der in den Erzählungen ihrer Familie nicht vorkommt. Sie beginnt, Fragen zu stellen. Wie konnte ein Mensch derart sorgfältig aus dem Familiengedächtnis getilgt werden? Und vor allem: Warum? Von einer immer stärker werdenden inneren Verbundenheit zu ihrem Großvater geleitet, begibt sie sich auf Spurensuche.
Ungewöhnlich, poetisch und berührend erzählt Julia Gilfert die Geschichte ihres Großvaters Walter. Eine Geschichte, die auch ihre eigene ist.
Katja Völkel –
Radiointerview mit Julia Gilfert, SR 2 vom 19.01.2022
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Ulla Bucarey –
Julia Gilfert versetzt sich in die NS-Zeit und macht so Unbegreifliches nachvollziehbar bzw. nacherlebbar. Auf ergreifende und einfühlsame Weise erzählt die Enkelin das Schicksal ihres Großvaters, den sie nie kennenlernen konnte. Erst wenn man die schrecklichen Ereignisse der damaligen Zeit durch solche persönlichen Schicksale sieht, kann man wirklich begreifen, wie all das überhaupt passieren konnte, und vor allem, dass es nie wieder passieren darf.
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Anja Zimmer –
In ihrer bildhaften Sprache beschreibt die Autorin das Schicksal ihrer Großeltern, lässt uns dabei immer wieder teilhaben am Prozess der Entstehung des Buches, indem sie zwischen den Zeit springt. Romanhafte Szenen, in denen sie die Begebenheiten von damals beschreibt, wechseln sich ab mit ihrem eigenen Erleben auf der Spurensuche, an Orten, an denen ihre Großeltern waren.
Ein sehr bedrückendes Zeitzeugnis und schlimmes Schicksal, das zeigt, wie ausgeliefert man in dieser Zeit war, wenn man eben nicht mit Hurra-Schreien in den Krieg gezogen ist.
Sehr eindrucksvoll zeigt das Buch auch, wie sehr die Nazi-Ideologie nicht nur in die Köpfe der Menschen eingedrungen ist, sondern bis in ihre Herzen. Dass selbst Geschwisterliebe davor kapituliert hat und vergessen wurde.
Wer die Möglichkeit hat, eine Lesung der Autorin zu besuchen, sollte das unbedingt tun, denn sie trägt dabei auch ein Lied vor, das ihr Großvater geschrieben hat. Absolut hörenswert. Und man denkt: Was hätte dieser Musiker in einem langen Leben noch alles erschaffen können, wenn man ihn eben nicht mit 32 Jahren ermordet hätte.
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